Alte Frau im Garten

10.

September 2021

13 Jahre ist es her, dass wir aus Zürich in den Aargau zogen. Da wir mitten in der Natur leben, machen wir öfters einen  Spaziergang in unserer Nähe. Dabei ist mir in all den Jahren eine Frau aufgefallen, die stundenlang auf einem grossen Pflanzplätz (für die jüngeren Leser: Gemüsegarten) immer in der gleichen gebückten Haltung, meist mit der Hacke in der Hand, gearbeitet hat. Jung schien sie nicht mehr zu sein. 

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Kürzlich habe ich sie mal angesprochen, weil ich immer wieder von ihrem Fleiss und der Ausdauer beeindruckt war. Das Gespräch mit ihr hat den Tag zu etwas Besonderem  gemacht, denn nicht nur ihr Garten zeugt von ihrem Willen und einer positiven Lebenseinstellung, auch ihr Schicksal ist wahrhaftig beeindruckend.

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Mit 95 Jahren bearbeitet sie noch so eine ansehnlich grosse Fläche.

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Da wo jetzt nur noch braune Erde ist, sind die Kartoffeln gewachsen und jetzt ist sie dabei, Stiefmütterchen zu pflanzen. 

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Es gedeiht hier Vieles, Zucchetti, Kohlräbli, Salat.
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Eingezäunt ist das ganze Feld von Blumen, nicht mit einem Zaun, damit es  vor den vorbeilaufenden Hunden geschützt ist. Vorne sind es Tagetes rundherum Dahlien, Sonnenblumen und Herbstanemonen und Echinacea.  Jetzt im Früherbst bei Sonnenschein sieht es doch traumhaft aus.
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Wie lange gibt es diesen Garten schon? Darauf kann sie keine genaue Antwort geben, denn ihre Grosseltern haben hier schon geackert und gepflanzt. Das Gemüse wurde gebraucht, um zu überleben. Ganz jung ist sie Witwe geworden mit vier kleinen Kindern. Heute hat sie 19 Enkelkinder über die ganze Welt verstreut. Ein wenig Hilfe kriegt sie von ihrer Familie, denn das Wasser muss hingetragen werden. Ich denke diesen Garten wird sie bis zum letzten Atemzug pflegen. Er ist ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens.
Gerne wäre sie länger zur Schule gegangen. Dies war damals nicht möglich, ihre Brüder waren im Militär und sie musste zu Hause in einem kleinen Bauernbetrieb mithelfen. Gelernt hat sie dann später Vorhang- und Tapeziernäherin. In diesen Jahren ihrer Berufstätigkeit im Globus (ich denke gleich an den Globus in Zürich, aber nein, damals gab es auch einen in Aarau) war sie glücklich.
Sie hat mir vieles aus ihrem Leben erzählt inmitten der Blumen und Gemüse. Es war interessant.
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Paula Modersohn-Becker, Alte Frau im Garten, 1907
Öl auf Leinwand, 95 x 78 cm
Es ist erstaunlich, welche Ähnlichkeit die Fotos der alten Frau von Auenstein mit dem Gemälde der deutschen Expressionistin Paula Modersohn-Becker aufweisen. Beide verkörpern die Würde einer alten Frau mit grosser Lebenserfahrung und das harmonische Miteinander von Mensch und Natur.

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